Die „Karmageister“ spielen in der frühen Neuzeit, bekannt als Renaissance. Vieles entwickelte sich bereits im Spätmittelalter, um in der frühen Neuzeit aufzublühen - oder zu eskalieren. Was aber geschah im 15./16. Jahrhundert?
Das Jahrhundert der Entdeckungen
Gerade eben, 1492, entdeckt Kolumbus Amerika, wenn auch erst beim vierten Anlauf. Eigentlich sollte er den Westweg nach Indien ausfindig machen, damit die Europäer auf schnellerem und günstigeren, heißt zollfreien, Wege Handel treiben konnten. Er entdeckt jedoch etwas ganz anderes: eine exotische Welt, ein unfassbar großes Reservoir an Gold und Silber und Menschen, die die Weißen als Götter anbeten. Und er kann bestätigen, dass die Erde eine Kugel ist.
Das Zeitalter der Entdeckungsreisen bricht an. Die Weltkarten des 15. Jahrhunderts, die Europa übergroß als Mittelpunkt der Welt zeigen und damit alle Seemeilen falsch ausweisen, verändern sich mit jeder Entdeckung und müssen ständig neu kartographiert werden. - Dies war einer der Gründe, warum Kolumbus sich so oft verfahren hatte: Mit dem vorhandenen Kartenmaterial ließ sich keine korrekte Route berechnen. Und damit kalkulierte er die benötigte Menge an Proviant für seine Mannschaft falsch. Hunger, Krankheit und Tod an Bord der Schiffe waren die Folge.
Aber der Fortschritt nimmt seinen Lauf. Eine wahre Flut von Abenteurern und Eroberern strömt auf den amerikanischen Kontinent. Im Auftrag der Krone befahren die spanischen und portugiesischen, später auch die englischen, französischen und niederländischen Seefahrer, die Weltmeere. Sie erbeuten tonnenweise Gold und Silber. Neue Lebensmittel wie Kartoffeln, Tomaten, Mais und Tabak werden fortan auch in Europa angebaut.
In der neuen Welt entstehen die ersten Kolonien. Im Auftrag von Krone und Kirche missionieren die Seefahrer die süd- und mittelamerikanischen Indios. Durch Versklavung und Zwangsarbeiten sterben tausende Menschen, nicht zuletzt durch eingeschleppte Krankheiten der Europäer. Aus den Entdeckungsreisen waren Eroberungsfeldzüge geworden.
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Der Beginn der Glaubensspaltung
Im heiligen römischen Reich deutscher Nation zeichnet sich parallel dazu eine Veränderung ab, die für die Zukunft des Reiches weitreichende Folgen haben soll: 1517 schlägt der Augustinermönch Martin Luther 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg. Er prangert die Prunksucht (finanziert mit dem Gold der neuen Welt) und den Missbrauch des Glaubens durch Kirche und Obrigkeit an. Die Menschen würden durch den Ablasshandel ausgebeutet und mit dem Geld werden nur die Beutel und Truhen der Reichen gefüllt! Keine einzige Seele würde dadurch den Weg in den Himmel finden! Die Strafen, die die Kirche gegen ihre Sünder erlässt, wären zu drastisch, das bestehende Zölibat widerspräche der menschlichen Natur! - Dies sind nur einige Missstände, die der Mönch anspricht.
Der Habsburger und regierende Kaiser Karl V. beordert ihn vor den Reichstag in Worms, auf dass er widerrufe. Aber Luther hält an seinen Thesen fest. Im Gegenteil, er begehrt auf, man solle ihm beweisen, dass er falsch liege! - Karl V., streng gläubiger Katholik, entlässt ihn aus dem Reichstag mit der Aufforderung, er möge nie wieder unter seine Augen treten. Er habe sein Geleit, denn er erkennt, dass Luther bereits viele Anhänger hat, nicht zuletzt mächtige Kurfürsten.
Später bereut er diesen Schritt zutiefst. Zwar wird Luther im Nachhinein für vogelfrei erklärt, aber Dank der Erfindung des Buchdrucks verbreiten sich seine Schriften rasch und finden mehr und mehr Anhänger. Im Exil auf der Wartburg übersetzt er die Bibel dann sogar ins Deutsche.
Die Spaltung der römisch-katholischen Weltenkirche nimmt unaufhaltbar ihren Lauf. Sie teilt sich fortan in die Anhänger des katholischen und des protestantischen Glaubens. - Karl V. betet und hofft auf die Wiederherstellung der alten Ordnung. Vergeblich.
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Fortschritt und Rückschritt
Das römische Reich hat durch Erbfolge und Eroberungskriege ein riesiges Ausmaß angenommen, dass es zu verteidigen gilt. 1525 erheben sich die ausgebeuteten Bauern gegen die Obrigkeit - und werden blutig niedergeschlagen. Hexen und Ketzer werden schlimmer verfolgt als im Mittelalter, die Feuer brennen allerorten.
Auf der anderen Seite schafft der Humanismus ein neues Weltbild. Humanisten, Erfinder, Maler und Künstler bereichern das Europa des 16. Jahrhunderts mit ihrem fortschrittlichen Denken und künstlerischem Schaffen. Der Humanismus lehrt den Menschen, dass er sich fortan als Individuum wahrnehmen und sich selbst in den Mittelpunkt stellen darf. Zunehmend besinnt der einzelne Mensch sich darauf, dass er Wert und Würde besitzt. Noch im Mittelalter war diese Art der Betrachtung einfach nur ketzerisch. Eine Würde des Menschen gab es in diesem Sinne nicht. Ein Mensch war nichts wert, er war Teil einer breiten Masse. Die Kirche als Dreh- und Angelpunkt der Welt wachte mit seinem strafenden Gott über die Sünden der Menschen.
Das Zeitalter der Entdeckungen, Erfindungen und des Fortschritts prallt auf sein tief verwurzeltes abergläubisches und rückschrittliches Denken. Und dennoch, der gesellschaftliche und politische Umbruch ist nicht mehr aufzuhalten. Europa, einst Mittelpunkt der Welt, weicht einer neuen Weltsicht.
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